Schweinswal
Schweinswale
Beschreibung
Der Schweinswal ist einer der kleinsten Zahnwale. Er besitzt einen eleganten, spindelförmigen Körper, dieser ist wohl proportioniert, der Kopf ohne Schnabel. Das Blasloch liegt kurz vor der Augenlinie. Die kaum sichtbaren Öffnungen der Gehörgänge hinter den Augen etwa in gleichem Abstand wie zum Mundwinkel. Vom Mundwinkel zieht ein dunkler Streifen bis zum Ansatz der blattförmigen, dunklen, an den Enden leicht gerundeten Brustflossen oder Flipper.
Die Rückenfinne ist dreieckig mit einer leicht konkaven Hinterseite und abgerundeter Spitze. Leicht abgeplatteter Schwanzkiel, der in eine schmale, sichelförmige, dunkle Fluke übergeht mit abgerundeten Enden und einer deutlichen Einkerbung.
Der Bauch ist hell, der Rücken, der am lebenden Tier dunkel graubraun erscheint, wird nach dem Tode tiefschwarz. Die Farbintensität variiert sehr stark, selten gibt es melanotische (schwarz) Farbvarianten, noch seltener Albinismus (weiß). Schweinswale besitzen charakteristische Zähne, die als spatelförmig bezeichnet werden mit einer verbreiterten, blattartigen Krone. Im Oberkiefer werden zwischen 44 und 56, im Unterkiefer zwischen 42 und 52 Zähne gefunden. Charakteristisch sind auch sog. Tuberkel, kleine Erhebungen an der Vorderseite der Brustflosse (Flipper) und der Rückenfinne.
Länge und Gewicht
Bei der Geburt messen Schweinswale zwischen 60 und 90 cm und wiegen zwischen 4 und 9 kg. Ausgewachsene Tiere erreichen eine Länge zwischen 140 und 190 cm bei einem Gewicht zwischen 50 und 70 kg. Unter den seit 1987 registrierten Beifängen in einem begrenzten Teil der westlichen Ostsee betrug unter mehr als 100 Tieren die größte Körperlänge 162 cm bei einem Männchen von 51 kg Gewicht. Am 10.08.2004 wurde nördlich von Schleimünde ein wenig verwestes lactie- rendes Schweinswalweibchen an den Strand getrieben. Sie maß in gerader Linie von der Schnauzenspitze bis zur Einkerbung in der Fluke 173 cm und war damit der größte Schweinswal, den ich jemals gesehen, untersucht und - was einige Mühe bereitete - geborgen habe. Nach unbestätigten Schätzungen eines Fischers soll ein Tier, das lebend aus seinem Netz befreit werden konnte, eine Körperlänge von 180 cm gehabt haben.
Nahrung
Fisch, gelegentlich Tintenfisch, selten Krebse. Nach Auswertung von Gehörknöchelchen in Schweinswalmägen konnten deutliche Unterschiede sowohl quantitativ als auch qualitativ zwischen den Tieren der Ost- und Nordsee festgestellt werden. In der Nordsee wurden insges. 14 Fischarten in den untersuchten Mägen identifiziert, dagegen in der Ostsee nur 7. Während in der Nordsee vorwiegend Seezunge (34 %), Sandaal (19 %), Wiltling (15 %), Kabeljau (12 %) und Klische (14 %) gefressen wurden, dominierte in der Ostsee der Kabeljau mit einem Gewichtsanteil von 90 %. Der Rest verteilte sich auf Sprotte (5 %) und Hering (4 %) aber auch Grundeln (noch 1 %). Schweinswale passen sich opportunistisch an ein verändertes Nahrungsangebot an, können möglicherweise bei einer Verknappung einer bestimmten Art von Beutefischen auf andere Fischarten ausweichen. Die Nahrungsaufnahme ist abhängig vom Geschlecht und Zustand der Tiere. In schwedischen Gewässern wurde bei trächtigen oder laktierenden Weibchen ein Mageninhalt von durchschnittlich 691 g gefunden, dagegen hatten erwachsene Männchen von der gleichen Körperlänge einen Mageninhalt von 507 g. Schweinswale in der Wachstumsphase fressen mehr als ausgewachsene Tiere, in Gefangenschaft betrug die tägliche Menge an Fisch, Hering oder Sprotten zwischen 4 und 9,5 % des Körpergewichts, entsprechend 8000 bis 25000 kJ pro Tag.
Verbreitung
Schweinswale halten sich vorwiegend in küstenahen Gewässern von Nordatlantik und Nordpazifik auf. Man unterscheidet mehrere Populationen, die Tiere der Ost- und Nordsee gehören der ostatlantischen Population an. Die Tiere der Ostsee sollen sich genetisch von denen der Nordsee unterscheiden. Der Schweinswal ist der einzige Wal, der regelmäßig in deutschen Küstengewässern vorkommt. Häufig werden sie innerhalb einer Zone von 10 Seemeilen von der Küste entfernt beobachtet. Sie suchen auch flache Buchten auf, schwimmen manchmal Flussläufe hinaus, so wurden 1988 zwei Tiere in Hamburg und 1996 ein Tier in der Eider beobachtet.
Es wird angenommen, daß Schweinswale jährliche Wanderungen unternehmen, im Frühjahr durch Belte und Sunde in die westliche Ostsee hinein und in umgekehrter Richtung im Herbst. In milden Wintern verzögert sich die Migration der Tiere häufig bis in den Dezember hinein. Nach neueren, telemetrischen Untersuchungen sind insbes. Jungtiere sehr mobil. Ein Tier aus der westlichen Ostsee wurde 2 Tage später an der Norwegischen Küste registriert. Generell scheinen Schweinswale im Winter eher tiefere Gewässer zu bevorzugen, wobei dieses Verhalten mit der Verteilung der Nahrung aber auch mit der Möglichkeit, dass im Winter sich eine geschlossene Eisdecke eher in flacheren Meeresgebieten ausbildet, was den Schweinswalen zum Verhängnis werden kann.
Populationsgröße
Die Schweinswalbestände sollen insbes. in der Ostsee in den letzten 100 Jahren zurückgegangen sein. Zweifellos stellen menschliche Einflüsse für diese Tierart die größte Bedrohung dar. 1994 wurde eine systematische Zählung von Schiffen und Flugzeugen in Nord- und Ostsee im Rahmen des Projekts SCANS durchgeführt, dabei wurde der Bestand im Untersuchungsgebiet auf 353 000 Schweinswale geschätzt mit einem 95%igen Vertrauensbereich zwischen 267000 und 465000 (s. auch Fakten).
Verhalten
Obwohl Schweinswale in der Nähe der Küste leben, sind sie schwierig zu beobachten. Sichtungen sind nur bei glatter See und günstigen Lichtverhältnissen möglich. Die Häufigkeit ihres Vorkommens wird daher häufig unterschätzt. Hinzu kommt, dass Schweinswale auf Störungen, insbes. auf Lärm sehr empfindlich reagieren. Dagegen berichten Segler, dass sie manchmal Schweinswale unmittelbar in der Nähe ihrer Schiffe beobachten konnten. Die Gruppengröße wechselt. In der westlichen Ostsee liegt sie durchschnittlich bei 1,9 Tieren, d.h. dass im wesentlichen Zweiergruppen, die vermutlich aus Mutter und Kalb bestehen vorkommen, aber auch Gruppen bis zu 12 Tieren und mehr wurden beobachtet. Die Schwimmgeschwindigkeit soll zwischen 2 und 4 Knoten betragen, es wurden aber auch schon Geschwindigkeiten von 22 km/h gemessen, dabei sind die Tiere sehr wendig und können aus voller Geschwindigkeit eine 180°ige Drehung durchführen. Schweinswale tauchen sehr häufig, im Durchschnitt etwa 40 Sekunden, abhängig von der Wassertiefe. 3 – 4 Atemzüge an der Oberfläche wurden beobachtet, wobei sie typische rollende Bewegungen vollführen. Auch Ruhephasen werden beobachtet. Nach telemetrischen Untersuchungen halten sich Schweinswale zu 63% unterhalb einer Grenze von 2 m Wassertiefe auf. Tauchzeiten von 6 min. und mehr wurden beobachtet.
Bedrohung
1. Unbeabsichtigter Beifang in Grundstellnetzen aus monofilem Nylongarn.
2. Verlust des Lebensraums.
3. Verknappung der Beutefische
4. Störung durch zunehmenden Bootsverkehr, Lärmbelästigung durch Speedboote, militärische Aktivitäten, Sprengungen usw.
5. Umweltgifte, Parasitenbefall, Erkrankungen
Fortpflanzung und Geschlechtsreife
Schweinswale sind ab einer Körperlänge von 135 cm und einem Gewicht von 35 kg geschlechtsreif, weibliche Schweinswale erreichen die Geschlechtsreife zwischen dem 3. und 4. Lebensjahr. Es gibt Befunde, die für eine frühere Ovulation bei Weibchen durch den Populationsrückgang sprechen. Die Tragzeit beträgt etwa 11 Monate, entsprechend werden die meisten Schweinswale im Frühsommer geboren. Das Lebensalter beträgt im Durchschnitt zwischen 10 und 15 Jahren, das höchste festgestellte Alter im Bereich der Kieler Bucht war ein Männchen mit 21 Jahren, ein Weibchen mit 17 Jahren zeigte Zeichen einer Unterernährung.
Krankheiten
Die Untersuchung der Parasiten oder Schmarotzer, die unseren hiesigen Schweinswalen stark zusetzen zeigt, dass vor allem Organe wie Lunge, Gehör und Leber häufig zum Teil stark mit Nematoden und selten mit Trematoden befallen waren. Die Befallsrate erreichte Werte bis zu 90%, wobei eine deutliche Altersabhängigkeit festgestellt werden konnte. Jungtiere unter 1 Jahr waren noch nicht befallen. Beim Befall des Verdauungstraktes mit dem Heringswurm (Anisakis simplex) zeigten sich deutliche Unterschiede zwischen den Tieren der Nordsee (5%) und Ostsee (40%), dadurch, dass in der Nordsee Heringe, die einen Hauptzwischenwert dieser Nematoden darstellen deutlich weniger gefressen werden. Dies korreliert gut mit einem Kapitel, das ich in einem amerikanischen medizinischen Lehrbuch aus der Zeit nach dem ersten Weltkrieg gefunden habe, in dem die Heringswurmerkrankung dort als Baltic Disease (als Ostseeerkrankung) bezeichnet wird. Die Larven werden durch den Hering übertragen, der sowohl den Schweinswal als auch den Menschen infiziert.
236 Schweinswale wurden durch die Veterinärpathologin Frau Dr. Ursula Siebert obduziert, wobei sich 74 Tiere in einem Erhaltungszustand befanden, der weitergehende histopathologische, bakteriologische, virologische, serologische und parasitologische Untersuchungen sowie eine chemische Analyse zuließen. Ausgedehnte, eitrige Lungenentzündungen erwiesen sich bei 32 Schweinswalen als Sekundärinfektion infolge eines Lungenbefalls durch Torynurus convolutus und Pseudalius inflexus. Eine signifikate Korrelation zwischen Häufigkeit und Schweregrad des Parasitenbefalls der Lunge und der Pneumonien einerseits und der Belastung mit chlorierten Biphenylen andererseits bestand nach dem gegenwärtigen Stand der Untersuchungen nicht.
Bibliographie
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Kinze, C. C. – Hvaler, 1997, Naturokmuseeum, 36. Jahrgang, Agevau, Jensens van de
Evans, P. – The natural historie of wales and dolphins, 1987, Christopher Helm, London
Pfander, B. und A. Pfander – Incidental catches and strandings of Harbor porpoises (Phocoena phocoena linneaus (1758)) in the coastal waters of Angeln and Schwansen, Schleswig-Holstein, Germany from 1987 to 1996. In european research on ceteceans 11, procedings on the 11th annual conferenc of the European ceteceans society, Stralsund 10. – 12.03.1997.
Siebert, U. und andere – Untersuchungen an Kleinwalen als Grundlage eines Monitorings, Schlußbericht 01.03.1994 bis 30.11.1997. Projekt BMBF 03F0139A
Hammond, P. S. und andere – Distribution and abbundance of the Harbor porpoises and other small ceteceans in the Northsea and adjectet water. Final Report Oktober 1995, Life 92-2-UK-027
Read, A. J. – The Biologie of the Harbor porpoises, 1997, Disbill publishers, Verden, The Netherlands
Björge, A. und G. P. Donovan – Biology of the Phocoenoids International Whaling Commission, Cambridge 1995
Aufruf
Melden Sie uns, wenn Sie Schweinswale sichten. Uns interessiert, wann Sie diese Tiere sahen (bitte genaue Uhrzeit), wo Sie Schweinswale sichteten (möglichst genaue Lokalisation, evtl. Angabe der geographischen Länge und Breite), wie viele Tiere Sie sichteten, wie lange Sie die Schweinswale beobachten konnten und welche Wetterbedingungen vorherrschten. Genauere Informationen entnehmen Sie bitte der Homepage der GSM – Gesellschaft zum Schutz der Meeressäugetiere, ein entsprechender Link ist vorhanden. Klicken Sie auf den Pottwal und anschl. auf Schweinswale, so erhalten Sie ein Formular, das Sie selbst ausfüllen und per e-mail abschicken können. Die Daten werden dann zentral ausgewertet undveröffentlicht.
Wissenschaftlicher Name | Phocoena phocoena (Linnaeus, 1758) |
Familie | Phocoenoidae |
Unterfamilie | Phocoeninae |
Aleutisch | Aladok, Alagikkh, Mengak |
Britonisch | Llamhydydd |
Bulgarisch | Asowskijat, Asowka, Mutkur |
Dänisch | Almindeligt Marsvin, Marsvin, Marsvinet, Tumler |
Deutsch | Schweinswal, kleiner Tümmler, Braunfisch, Meerschwein, Schweinsfisch, Tummelschwein, Saufisch, Seevarken, Springer |
Englisch | Harbour porpoise, Common porpoise, Puffing pig, Herring hog |
Französisch | Marsouin commun, Poursille |
Gälisch | Sniffer |
Griechisch | Phokia, Phokaina |
Grönländisch | Nisa, Nizza, Piglertok |
Indianisch | Tselkh-koo (HAIDA) |
Isländisch | Brunskopp, Svinehval, Hundstiskar |
Polnisch | Morsvin, Svinia morska |
Portugiesisch | Toninha, Toninas |
Römisch | Maris sus, Porcus piscus |
Russisch | Asowski delfin, Bartuk, Morskaja swinja, Schutnik, Pychtun, Tschutka, Sapun |
Schottisch | Pelloch |
Schwedisch | Marsvin, Tumlare, Trumblare |
Jahr / Zeit | Autor | Art | Region / Aufwand | Anzahl | Dichte (Schweinswal / km²) |
1991 15 Tage (Juli) | Heide- Jörgensen et al. | Flugzeug / Zählung | Kieler Bucht 4140 km² 1872 km | 207 132-331 | 0,050 0,0032-0,080 |
1992 14 Tage (Juni) | Heide- Jörgensen et al. | Flugzeug / Zählung | Kieler Bucht 4140 km² 1902 km | 87 46-166 | 0,021 0,011-0,046 |
1994 26.6.-30.8. | Hammond et al. | Flugzeug / Zählung | Block x 5810 km² | 870 | 0,15 |
Wie viele Schweinswale (Phocoena phocoena) gibt es in der Kieler Bucht und wie lassen sie sich am besten zählen?
A. Pfander und B. Pfander
Der Schweinswal (Phocoena phocoena Linneus 1758) ist die einzige, regelmäßig in deutschen Gewässern vorkommende Walart. Eine rückläufige Entwicklung des Bestandes an Schweinswalen in Nord- und Ostsee soll seit der Mitte des vergangenen Jahrhunderts eingesetzt haben. Als einer der wesentlichen Gründe des anhaltenden Rückgangs wird heutzutage der unbeabsichtigte Beifang in Grundstellnetzen angesehen, aber auch andere Einflüsse menschlicher Aktivitäten wie Störung des Lebensraums durch zunehmenden Schiffsverkehr, Verknappung der Beutefische durch Überfischung, Anreicherung von Schadstoffen in der Nahrungskette usw. werden als ursächlich angesehen. Der Bestand in der Ostsee erscheint besonders gefährdet, da aufgrund von morphometrisch nachgewiesenen Unterschieden, Schädelmerkmalen und DNA-Analysen eine genetische Isolierung wahrscheinlich ist. Die Schweinswale der sollen saisonal durch den Kleinen und Großen Belt wandern. In einem Bereich der Kieler Bucht werden seit 1987 kontinuierlich Sichtungen, Strandfunde und Beifänge registriert. Dabei ergibt sich insbes. in den letzten Jahren ein deutlicher Rückgang der Beifänge, der neben anderen Ursachen (Veränderung der Fangmethoden in der Fischerei und Zunahme der Dunkelziffer) auch in einer rückläufigen Bestandsentwicklung begründet sein könnte. Um Schutzmaßnahmen für die Schweinswale in zu planen, wurden in der Vergangenheit Versuche unternommen, den Bestand an Schweinswalen im Bereich westliche Ostsee, insbes. der Kieler Bucht zu erfassen. Während Schiffszählungen 1991 keine verwertbaren Ergebnisse brachten, ergaben die im selben Jahr und im darauffolgenden Jahr durchgeführten Zählungen aus der Luft erstmals Hinweise auf die Größe und Dichte des Bestandes an Schweinswalen in der westlichen Ostsee. Eine Zähnlung vom Flugzeug aus erfolgte auch im Rahmen des Projekts SCANS 1994, wobei die Kieler Bucht in dem sog. Block X enthalten ist. Weitere Flugzählungen erfolgten 1995 und 1996, wobei das Datenmaterial nur zum Teil ausgewertet ist. Da seither keine Versuche mehr unternommen wurden, die Zahl der Schweinswale in der westlichen Ostsee zu bestimmen, wurde untersucht, welche Möglichkeiten alternativer Zählmethoden es gibt und welche Resultate zu erwarten sind.
Material und Methoden
Im Jahr 1998 wurden in der Zeit vom 21.09. bis 04.10. Synchronzählungen von sog. Butterdampfern, Angelkuttern und Ausflugsschiffen durchgeführt. Involviert war lediglich das nautische Personal der Schiffe, ein Beobachter war nicht an Bord. Beteiligt waren dabei vier Reedereien, wobei diese zum Teil bestimmte festgelegte Routen von verschiedenen Ausgangshäfen in Richtung Sonderborg befuhren, zum Teil als Angelkutter mit zahlenden Gästen (Anglern) an Bord ganz unterschiedliche Fahrstrecken zurücklegten.
Angeregt durch die dabei gemachten Erfahrungen wurden in Zusammenarbeit mit dem Institut für Meereskunde unter der Leitung von Prof. Culik vom 28.05. bis 25.06.1999 Sichtungen von Fähren und Passagierschiffen durchgeführt, die einmal zwischen Kiel und Langeland, zum anderen zwischen Eckernförde und Sonderborg verkehrten. Die Schiffe waren dabei mit jeweils zwei Studenten besetzt, die nach Einweisung Sichtungen und Zählungen unter standartisierten Bedingungen durchführten. Dabei wurde die Route Eckernförde/Sonderborg nur zweimal befahren, die Strecke Kiel/Langeland dagegen siebenmal. Bezüglich der näheren Einzelheiten darf auf die Semesterarbeit Schwaderer und Wilken verwiesen werden. Im Jahr 1998 wurden in der Zeit vom 21.09. bis 04.10. Synchronzählungen von sog. Butterdampfern, Angelkuttern und Ausflugsschiffen durchgeführt. Involviert war lediglich das nautische Personal der Schiffe, ein Beobachter war nicht an Bord. Beteiligt waren dabei vier Reedereien, wobei diese zum Teil bestimmte festgelegte Routen von verschiedenen Ausgangshäfen in Richtung Sonderborg befuhren, zum Teil als Angelkutter mit zahlenden Gästen (Anglern) an Bord gaschiffen durchgeführt, die einmal zwischen Kiel und Langeland, zum anderen zwischen Eckernförde und Sonderborg verkehrten. Die Schiffe waren dabei mit jeweils zwei Studenten besetzt, die nach Einweisung Sichtungen und Zählungen unter standartisierten Bedingungen durchführten.
Resultate
Eine Gegenüberstellung der verschiedenen Zählungen und Methoden findet sich nach Jahren und Autoren geordnet in der Tabelle 1. Da die verschiedenen Untersuchungen alle von anderen Flächen ausgehen, ist der wichtigste Parameter die Bestimmung der Dichte, die auf 1 Quadratkilometer berechnet wird. Für die Sichtungen, ob vom Schiff oder vom Flugzeug, ist die mittlere Gruppengröße ebenfalls von Wichtigkeit, da sich hieraus ebenfalls bei den Zählungen beträchtliche Unterschiede hinsichtlich der Dichte und der Anzahl ergeben können. Dabei wurde auf Untersuchungen von Kinze 1988/89 zurückgegriffen, der während 2 Jahre bei über 900 Sichtungen auf eine mittlere Gruppengröße von 1,96 Tieren kam. Weiterhin ist von Wichtigkeit die Strecke, die befahren und beflogen wurde, hinsichtlich des Aufwands, da erfahrungsgemäß bei jeder statistischen Schätzung mit zunehmendem Stichprobenumfang die Varianz bzw. statistische Fehler kleiner wird. Der Vergleich zeigt, daß die große Dichte von Schweinswalen während der Zählungen von einer Fähre zwischen dem 25. Und 28.06.1999 mit 0,49 Tieren pro Quadratkilometern festgestellt wurde. Die zweitgrößte Dichte findet sich bei den Befliegungen anläßlich des SCANS-Projekts mit 0,15 Tieren im sog. Block X, der weitgehend identisch mit der Kieler Bucht ist. Die Befliegungen 1991 ergeben für die Kieler Bucht eine Dichte von 0,05 und von 0,021 1992. Die akustischen Untersuchungen mit nachgeschleppten Hydrophonen ergaben im Juni 1999 einen Bestand von 0,12 und im Oktober einen Bestand von 0,05 Tieren/qkm. Hierbei wurde vorausgesetzt, daß jeder Schweinswal, der sich im Hörbereich des Mikrophons bzw. in dem Transsect aufhält zum Zeitpunkt des Vorüberfahren des Boots zumindest ein registriertes Signal abgibt. Die Größe des Transsects mit 33 bzw. 20 qkm ist allerdings selbst im Vergleich zu den Schiffszählungen zwischen Kiel und Aeroe verschwindend gering. Ergänzend muß hinzugefüg werden, daß weitere Fahrten mit nachgeschlepptem Hydrophon am 18.07. zwischen 12.00 und 17.00 Uhr, am 04.08. zwischen 19.00 und 22.00 Uhr, am 29.08. zwischen 10. 00 und 19.00 Uhr, annähernd das gleiche Seegebiet betreffend, keine akustischen Aufzeichnungen von Schweinswalen ergeben hatten. Weiterhin kann nicht ausgeschlossen werden, daß aufgrund der langsamen Bootsgeschwidigkeit (durchschnittlich 4,5 Knoten), abhängig von Wind und Strömung bedingte Kreuzkurse das Schiff von einer schneller schwimmenden Gruppe verfolgt oder überholt wurde, so daß Doppelzählungen nicht ausgeschlossen sind.
Diskussion
Das vorliegende, wissenschaftlich abgesicherte Zahlenmaterial, anhand dessen der Bestand der Schweinswale im Bereich der Kieler Bucht abgeschätzt werden könnte, stammt aus den Jahren 1991, 92 und 94. Obwohl bei dem SCANS-Projekt im sog. Block X eine größere Fläche untersucht wurde, kann die Bestandsdichte verglichen werden. Es fällt hier eine Diskrepanz auf zwischen der Dichte, wie sie sich bei der Befliegung 1991 darstellte mit 0,08 Tieren/qkm und der im Projekt SCANS für dieses Gebiet ermittelten Dichte von 0,15 Tieren/qkm. Die Diskrepanz wurde erklärt mit dem unterschiedlichen Faktor durch das Tauchverhalten der Tiere. Inwieweit diese Annahme tatsächlich gerechtfertigt ist, wird durch die bisherigen telemetrischen Untersuchungen nicht eindeutig geklärt. Nach Theilmann müßte auch die Trübung des Wassers berücksichtigt werden, da die Tiere sich zu 43 % 2 m unterhalb der Wasseroberfläche aufhalten, was durchaus die Ergebnisse bei Zählungen aus der Luft beeinflussen könnte. Dies könnte z.B. auch die unterschiedlichen Ergebnisse der Zählungen 1995 und 1996 erklären. Zählungen vom Schiff wie in der Semesterarbeit 1999 sind durchaus möglich. Bei feststehenden Routen sind die Tiere an das Schiff gewöhnt und zeigen nur geringe oder keine Reaktion. Die dabei ermittelte Dichte ist sicherlich viel zu hoch, so daß die errechnete Dichte und Gesamtzahl an Schweinswalen unrealistisch erscheint. Hierin zeigt sich auch eine Schwäche der statistischen Zählmethoden in der westlichen Ostsee. Bei genauer Überprüfung der Lokalisation der während der Befliegungen gezählten Schweinswale findet man eine auffallende Übereinstimmung mit den Orten, an denen auch Schweinswale bei zufälligen Sichtungen, die über 15 Jahre hinweg registriert wurden, gehäuft festgestellt werden konnten. So konnte auch bei den Fahrten zwischen Kiel und Langeland festgestellt werden, daß, wenn Schweinswale gesichtet wurden, diese entweder direkt am Kieler Leuchtturm gesehen wurden oder an der Südspitze Langelands, beides Regionen, in denen auch schon vorher Schweinswalsichtungen registriert wurden.
Literaturverzeichnis
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The current status of harbour porpoises (Phocoena phocoena) in German Waters Arch. Fish. Mar. Res. 46 (42) 1998 97-123 M. P. Heide-Jörgensen, J. Teilmann, H. Benke 8 J. Wulf Abundance and Distribution of Harbour Porpoises Phocoena phocoena in Selected Areas of the Western Baltic and the North Sea Helgoländer Meeresuntersuchungen Helgoländer Meeresmuseum 47335 - 346 1993 M. P. Heide Jörgensen, A. Mosbech, J. Teilmann, H. Benke, W. Schultz Harbour Porpoise (Phocoena phocoena) Densities obtained from aerial surveys North of Fyn and in the Bay of Kiel Ophelia international Journal of Marine Biology Helsingör Denmark Vol 35 1992 A. Schwaderer und H. Wilken Schweinswale in der Kieler Bucht Semesterarbeit Prof. Culik Institut für Meereskunde Kiel 1999 BMBF-Projekt 03F0139A Untersuchungen an Kleinwalen als Grundlage eines Monitoring Schlussbericht Seite 12 - 16 P.S. Hammond, H. Benke, P. Berggren, D. L. Borchers, S. T. Buckland, A. Collet, M.P. Heide Jörgensen, S. Heimlich-Boran, A. R. Hiby, M. F. Leopold 8 N.Oien Distribution and Abundance of the Harbour Porpoise and other small Cetacians in the Northsea and Adjacent Waters Life 92-2/UK/027 Fina Report October 1995 J. Teilmann: Vortrag gehalten auf dem ECS Meeting in Rom, Mai 2001
N. Tregenza Pers. Mitteilung Sept. 2000